Mrz 032014
 

Kapitän Johannes WilliIn einem sehenswerten Testspiel besiegt Lietsch auswärts den grossen FC Allschwil mit 2:5 Toren. Bereits nach der 1. Halbzeit lagen die Gäste mit 0:2 in Front. Die entscheidenden Tore schossen die Handballer.

Vergesst mal die Fairplay-Rangliste, BVI, Basisdemokratie, Lietsch City Cup und Prix Garantie-Würste. Lietsch ist eben auch ein besonderer Verein, weil viele Spieler erst im Aktivfussballer-Alter eine Lizenz gelöst haben. Gegen Allschwil standen fünf Spieler auf dem Kunstrasen, welche keine Sekunde bei den Junioren gespielt hatten. Drei davon verbrachten ihre Jugend in den Handball-Hallen. Zwei davon schafften es bis in die 1. Liga. Einer davon hat nur aufgehört mit Handball, weil der damalige 1.-Liga-Trainer die Spieler mit 5 Fr. gebüsst hat bei Verspätung.

Die Vorteile von der Handball-Grundausbildung

Was lernen wir daraus? Ball ist Ball? Mannschaftssport ist Mannschaftssport? In der Tat gibt es hierfür viele Parallelen. Wir wissen, dass der beste Tennisspieler aller Zeiten bei Concordia Basel im Juniorenkader war. Wir wissen, dass Ballsport-Nationen in allen Ballsport-Arten überaus erfolgreich sind. Kroatien und Spanien sind sowohl im Fussball, Handball, Basketball und Volleyball absolute Weltspitze!  Im Schulturnen sehen wir selten den Handballer, welcher brutal abschifft in anderen Ballsportarten. Ein Fussballer hingegen kann in den Hand-Ballsportarten die grösste Pflaume sein.

Der Handballer hat zudem eine andere Beziehung zu Zweikämpfen, Team-Spirit und zu Schiri-Entscheiden. Der Handballer scheut keinen Zweikampf, er ist sich gewohnt, richtig einzustecken und dahin zu gehen, wo es wehtut. Den Dribbler gibt es im Handball nicht. Jeder Handballer weiss, dass er nur im Team zum Erfolg kommt. Der Team-Spirit ist beim Handballer in den Genen vorhanden. Selbstverständlich gibt es auch im Handball strittige Schiri-Entscheide. In diesen Fällen bleibt dem Handballer nicht mal eine Sekunde, um sich darüber aufzuregen. Verwirft ein Handballer die Hände und will diskutieren, fehlt er hinten beim Gegenstoss. Das geht beim Handball alles blitzschnell. Der Fussballer hingegen verwirft zuerst die Hände, sagt “Hey, Schiri” oder “Alte, lueegsch!” und fühlt sich unschuldig, wenn es in der Folge ein Kontertor gibt nach dem schnell ausgeführten Freistoss. Es sind ja 11 Mann auf dem Platz. Da spielt es nicht so eine Rolle, ob da einer noch rumsteht und diskutieren will.

Die Moral von der Geschicht: Handball und die Jugendriege schaffen in den jungen Jahren die beste Basis für die weitere sportliche Entwicklung. Es gibt keine bessere Grundausbildung für die koordinative Schulung (im Fussball stets vernachlässigt),  Ballgefühl, Zweikampfverhalten, Spielverständnis, Kreativität und den Sinn für Team-Spirit.

Angetrunkene Spielerlegende im Allschwiler Tor

Aufregung gab es bereits vor Anpfiff: Den Hausherren fehlte ein Goalie. So blieb ihnen nichts anderes übrig als einen Mann zu suchen, der auf dem Clubgelände mit dem Wagenbau beschäftigt war und bereits über den ganzen Tag verteilt das eine oder andere Bier intus hatte. Es opferte sich eine Allschwiler Fussballlegende. Fast 15 Jahre lang spielte er in der 1. Mannschaft und hatte den Spitznamen “Horst Hrubesch” wegen seines schütteren Haarwuchses (bereits in jungen Jahren) und seiner unbändigen Kopfballstärke. Mit 37 Jahren stellte sich der gelernte Innenverteidiger in der 1. Halbzeit ins Tor und hielt den Kasten bis auf 2 Ausnahmen dicht.

Kapitän Willi mit Weltklasse-Kopftor

In der 2. Halbzeit kam es in der Offensive zur grossen Rochade. “Preesi” Simon Wahl (kein Unbekannter in der regionalen Handballszene) spielte den Winkelried im Sturm. Auf den Aussenbahnen flitzten Kapitän Johannes “Jesus” Willi (damals einer der besten regionalen Handball-Verteidiger) und Adrian “Bird” Vogel (ex-Unihockey- und Leichtathletik-Crack) rauf und runter. Nach dem 1:2-Anschlusstreffer holte “Preesi” einen Eckball heraus dank seines spektakulären Fallrückziehers. Die scharfe Eckball-Flanke köpfelte Kapitän Willi mit voller Wucht in die Maschen. Selbst ein John Terry könnte hier Anschauungsunterricht nehmen. Es war ein absolut lehrbuchmässiger Kopfball aus dem Bilderbuch. Johannes löste sich vom Gegenspieler und lief dem Flanken-Ball entgegen. Anstatt einfach den Kopf hinzuhalten, drosch Johannes die Kugel druckvoll-wuchtig mit der Stirn ins Tor. Der Verteidigung und dem Torwart konnte niemand einen Fehler vorwerfen. Das Tor zur 1:3-Führung war das Resultat von Fussball in Perfektion à la Johannes.

Merke: Sich vom Gegenspieler lösen, ist das A und O im Handball.

Thilo Mangold mit tückischem Freistosstor

Lietsch ist in Form. Die Chemie stimmt. Die Spieler reden miteinander, sind konzentriert, kämpferisch und konditionell auf der Höhe. Lietsch beherrscht sowohl die Ablösung wie auch das Verschieben in der Viererkette. Das Einzige, was im Lietscher Spiel noch nicht gepasst hat, war die Raumaufteilung zwischen dem zentralen Mittelfeld und dem Sturm. Die Lietscher liessen dem Gegner zu viel Platz im Zentrum und so führte eine fantastische Weitschuss-Bogenlampe der Allschwiler zum erneuten Anschlusstreffer.

Der Lietscher Rekordspieler Thilo Mangold (prägender Handballer beim damaligen ATV Lietstal), welcher als ungelernter Linksverteidiger einen prima Job erledigte, platzierte sich bei einem Freistoss von halblinks die Kugel zurecht. Mit seinen Adleraugen sah er eine Lücke zwischen Mauer und Torwart. Er lief an als würde er mit links flanken (nur Eingeweihte wissen, dass Thilo rechtsfüsser ist). Kurz vor der Schussabgabe drehte er sich mit dem Körper in eine Schräglage, welche es ihm erlaubte, den Ball mit rechts zu befördern – und zwar mit viel Effet. Der tückische Aufsetzer landete ohne weitere Berührung in der unteren linken Torwartecke. Wahnsinn!

Merke: Dank seiner Handball-Ausbildung weiss Thilo, welche Ablenkungsmanöver beim Freistoss zum Erfolg führen.

Der Schlusspunkt zum 2:5 war das Werk von Innenverteidiger Hasan “Hampe” Inal. Der schnellste Innenverteidiger der Liga packte aus rund 25 m Entfernung den Hammer aus. Mit wohl über 100 km/h konnte nur noch das Tornetz Hampe’s Geschoss stoppen.

Nach der Partie sassen die beiden befreundeten Mannschaften zusammen bei Bier, Süssigkeiten, Pizza, Cordon-Bleu und Chicken McNuggets im wunderschönen Allschwiler Clubhaus. Die Küche gehört qualitativ zweifelsohne zum oberen Segment der regionalen Gastro-Landschaft und muss keinen Vergleich fürchten.

Wir freuen uns jetzt schon auf das letzte Testspiel vor der Frühlingsrunde. Am Samstag vor Chienbäse kommt es um 19.00 Uhr zum Kräftemessen in Bubendorf gegen das 3.-Liga-Team.

 Veröffentlicht von am 03/03/2014

  Eine Antwort zu “Handballer als Schlüssel zum Erfolg”

  1. Basil meint dazu am

    Herrlicher Bericht. Zum Glück habe ich am Samstag das Tor von Johannes von einer anderen Sichtweise erzählt bekommen, sonst wären mir die Witze im Text nicht so augenfällig erschienen.

    Will uns der Autor vorbereiten, dass er seine Aktivitäten bald als Präsident bei einem Handball Club erweitert?

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